„Giselbert ... war ursprünglich Mönch in Waldsassen und wurde zum Abte in Ossegg erwählt. Aus Ossegg berief man ihn als Abt nach Waldsassen. Er stand ihm nur drei Jahre vor. Zuletzt leitete er mehrere Jahre die Abtei Altenkamp, legte aber, als er zu hohem Alter gekommen war, seine Würde nieder." So lautet ein lapidarer Eintrag in der „Series et chronica abbatum Waldsassensium“, die in ihrer ältesten Schicht wohl von 1302/04 stammt.
1263 wurde Giselbert als Abt nach Ossegg/Osek berufen, wo er bis 1264 regierte. 1265 ist in Waldsassen ein Konversenmeister namens Giselbert bezeugt; es ist unklar, ob es sich um dieselbe Person handelte. Dagegen spricht die Aussage der „Series“, er sei aus dem Tochterkloster auf den Abtstuhl berufen worden.
Jedenfalls trat der gleichnamige Vorsteher in Waldsassen erst 1268 oder 1269 sein Amt an. In der auch hier relativ kurzen Regentschaft erwirkte er von König Přzemysl Ottokar II. die Zusage ewigen böhmischen Schutzes. Für den Hochaltar ließ er einen Reliquienschrein anfertigen, der sich später als wundertätig erweisen sollte: Aus ihm ertönten Geräusche, wenn im Kloster ein Todesfall bevorstand, wie später Abt Johannes III. bezeugte. Giselberts Anwesenheit auf dem Generalkapitel in Cîteaux ist belegt.
Wieder gibt es nun eine Lücke in seiner Biographie. 1271 ist sein Waldsassener Amtsnachfolger Lambert urkundlich nachweisbar. In Kamp („Altenkamp“), dem „Großmutter-Kloster“ Waldsassens, kann er nicht vor 1274 die Leitung übernommen haben. Hier war ihm ein produktives Wirken beschert. Er erwarb für das Kloster verschiedene Privilegien, Ablässe und Güter und ließ in Köln ein zisterziensisches Studienhaus einrichten. 1276 besuchte er Waldsassen noch einmal als Visitator. 1298 resignierte er auf sein Amt. Er starb zu einem ungenannten Zeitpunkt.
Im frühen 18. Jahrhundert ließen die Kamper Zisterzienser einen Äbtezyklus malen. In diese Reihe gehört auch ein fiktionales Porträt Giselberts. Es befindet sich heute im Besitz des „Geistlichen und Kulturellen Zentrums Kloster Kamp“.
Lit. u. a.: Binhack Franz, Geschichte der Cisterzienser-Abtei und des Stiftes Waldsassen von 1507 bis 1648 nach gedruckten und ungedruckten Quellen (Programm der K. Studienanstalt Eichstätt 1890/91) Eichstätt 1891, 72; Doeberl Michael, Quellen und Erörterungen zur Geschichte des Nordgaus, in: Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg 45 (1893) 113–129, hier: 120; Schrott, Georg: Giselbert, Abt von Osek, Waldsassen und Kamp. Zur Karriere eines Waldsassener Mönchs, in: Oberpfälzer Heimat 42 (1998) 81–88; Geisbauer, Georg: Kloster Kamp, seine Äbte und Filiationen, Kamp-Lintfort 2000 [richtig: 2002], 38–41.
Einen herzlichen Dank an das Geistliche und Kulturelle Zentrum Kloster Kamp für die Überlassung der Bilddatei und -rechte!