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Die Waldsassener Bibliothek als Werbe-Zugpferd – Ein Antiquariatskatalog von ca. 1903

Etwa im Jahr 1903 veröffentlichte das Nürnberger Antiquariat M. Edelmann seinen Katalog Nr. 16 mit dem Titel Bibliothek des Cistercienser-Klosters Waldsassen. Literatur des XV.–XVIII. Jahrhunderts“

Der Händler ließ als Werbemaßnahme eigens die Waldsassener Supralibros kopieren und Nachdrucke anfertigen, wie er einleitend mitteilt: „Von obigem Bibliothek-Zeichen (Ex libris) habe ich nach den 4 Original-Stöcken je 50 Abdrücke auf wirklich altem Papier in Holzschnitt herstellen lassen, welche ich an Ex libris-Sammler die grossen (74x57 mm diam.) zu 2 Mk., die kleinen (52x40 mm diam.) zu 1.50 Mk. abgebe.“ Zwei davon sind zu Beginn des Katalogs, eines auch auf dem Buchdeckel abgedruckt. Das eine Supralibros zeigt das Wappen des Abtes Eugen Schmid. Er amtierte in den Jahren 1724–44 und ist vor allem als Bauherr des Bibliotheksaals bekannt geworden. Auf dem anderen ist der hl. Bernhard von Clairvaux als Autor zu sehen.

Laut Buchtitel handelt es sich bei den angebotenen Artikeln um Werke, die „zumeist ... aus der Bibliothek des Cistercienser-Klosters Waldsassen“ stammen. Sicher ist aber nur ein Teil des Konvoluts von 3109 Titeln (Bücher und Grafiken) von dort. Das legt die recht große Zahl an protestantischen Werken nahe. Als ausdrücklich aus Waldsassen stammend sind nur 21 Nummern angegeben, also weniger als 1%, und zwar immer dann, wenn sich darauf Supralibros befanden.

Darunter ist eine Inkunabel, Werner Rolevincks „Fasciculus temporum omnes antiquorum cronicas complectens“ von ca. 1490. Das überrascht etwas, da die Wiegendrucke aus den oberpfälzischen Klosterbibliotheken nach der Säkularisation eigentlich von der Münchener Hofbibliothek eingezogen wurden. Bei den übrigen Büchern handelt es sich überwiegend um theologisches und historisches Schrifttum. Dazu gehört beispielsweise ein Exemplar der Ars moriendi des Jesuiten Aloysius Bellecius, eines von Quartis „RUBRICÆ MISSALIS ROMANI COMMENTARIIS ILLUSTRATÆ” oder von Pignatellis „NOVISSIMÆ CONSULTATIONES CANONICÆ“. Reich bebildert durch Matthäus Merian wurde Johann Ludwig Gottfrids „Historische CHRONICA“ von 1657. Angeboten wurden auch einige Lehrwerke aus vormals Waldsassener Besitz, nämlich die „ARS MEMORIÆ“ des Wessobrunner Benediktiners Thomas Ehrhardt und zwei Ausgaben von Robert Estiennes Thesaurus linguae latinae“, eine 1561 in Basel gedruckt (und im Bibliotheksverbund Bayern nicht nachweisbar), eine in 1734 in London.

An sich wurden die Bücher der Oberpfälzer Klosterbibliotheken nach der Säkularisation in Amberg zentralisiert. Dass welche von ihnen später im Antiquariatshandel erhältlich waren, dürfte daran liegen, dass die Provinzialbibliothek ihre Dubletten verkaufte. Im Amberger Online-Katalog findet man 16 der 21 bei Edelmann angebotenen Titel, wenn auch zum Teil in anderen Auflagen. Die Herkunft der antiquarischen Bücher aus Amberger Dublettenverkäufen ist also insgesamt plausibel.

 

Links die Nachschnitte der Supralibros durch das Antiquariat Edelmann, rechts zwei Fotografien von Originalbeispielen.

 

Lit.:

Edelmann, M.: Antiquariats-Katalog No. 16. Enthaltend zumeist Werke aus der Bibliothek des Cistercienser-Klosters Waldsassen. Literatur des XV.–XVIII. Jahrhunderts, Nürnberg o. J. [ca. 1903].

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