Fortsetzung der Reihe anlässlich des Ensdorfer Klosterjubiläums
Biogramm
1694 wurde in Amberg der Müllersohn Johann Ignaz Paul Fellerer geboren. 1707–14 besuchte er das Amberger Jesuitengymnasium und das Lyzeum. Theologie studierte er in Wien. Seinen Eintritt ins Kloster Ensdorf scheint P. Jakob Deimer vermittelt zu haben, der spätere Prälat von Reichenbach (1746–52). Dies ist der Widmung zu entnehmen, die der Leichenpredigt für den Reichenbacher Abt Placidus Göschl vorangestellt ist: „so seynd es Euer Hochwürden und Gnaden, die, gleich einer mildhertzigen Ariadne mich als einen in dem Gefahr-vollen Labyrinth diser Welt herumschweiffenden Theseum an den Faden best meinender Räth, und Anschläg haben geleitet, bis sie mich in das Asylum, oder Freyhauß meines lieben Closters mitls dero hochgiltigen Vorworts eingeleitet, und übersetzet haben.“ Vielleicht nahm Fellerer deswegen auch bei der Profess 1718 den Namen seines Mentors, Jakob, an. Schon ein halbes Jahr später, im März 1719, wurde er zum Priester geweiht. Er wirkte als Pfarrseelsorger in Vilshofen und Ensdorf, als Ökonom und als Prior. Die Rotel teilt mit, dass er sich auf die Musik und besonders auf die Heilkunst verstand. Selbst als unheilbar geltende Kranke habe er kuriert. 1753 starb er.
Im Jahr 1745 wurde Fellerer nach Reichenbach eingeladen, um dort zum liturgischen Ende der Trauerzeit besagte Leichenpredigt für Abt Placidus Göschl zu halten.
„Der ... in den Himmel verzuckte ELIAS“
Göschl war 63 Jahre zuvor wie Fellerer in Amberg geboren und dort von den Jesuiten ausgebildet worden. Er studierte in Prag und trat 1710 in Reichenbach ein. Zunächst wirkte er als Seelsorger und war in dieser Funktion zeitweise nach Ensdorf abgeordnet. Später hatte er im Konvent die Ämter des Kuchelmeisters und des Klosterökonomen inne. 1738 wurde er zum Abt gewählt. Als seine Hauptleistung muss die Barockisierung der Reichenbacher Klosterkirche gelten.
Fellerer setzt in seiner Predigt den Verstorbenen mit dem Propheten Elija gleich, der dem biblischen Zeugnis zufolge an seinem Lebensende in einem feurigen Wagen durch einen Wirbelsturm in den Himmel geholt wurde (2 Kön 2,11). Der Titel der Trauerrede lautet: „Der auf den feurigen Wagen der Göttlichen Liebe in den Himmel verzuckte Elias.“
Zunächst aber hat Fellerer den Lebenslauf Göschls vorzustellen und homiletisch zu interpretieren. Er verbindet dafür die Lebensabschnitte des Gefeierten mit einem bei Leichenpredigern beliebten Gliederungsschema, das auf den bekannten Satz aus Lk 10,27 zurückgeht: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben ... und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Im ersten Teil der Predigt geht es um Placidus‘ Gottesliebe, die ihn ins Kloster führt. Hier wird ein Lebensabriss von seiner Geburt bis zur Abtwahl gegeben. Im zweiten Abschnitt liegt der Schwerpunkt auf Göschls Nächstenliebe. Es wird von seinem Wirken als Pfarrseelsorger berichtet, dann von seinen Ämtern im Kloster. Der dritte Teil ist dem Bemühen des Abtes gewidmet, „die Ehre GOttes zu beförderen“. Er habe nicht nur für eine solide theologische Ausbildung seiner geistlichen Söhne gesorgt, sondern insbesondere auch die Klosterkirche „zur Vollkommenheit gebracht“.
Eine Aufgabe des Leichenpredigers war und ist es, den Hinterbliebenen Trost zu spenden. Eines von Fellerers Trostargumenten fasst den Hauptteil der Predigt zusammen. Wegen seiner Gottes- und Nächstenliebe sei Abt Placidus nach seinem Tod „gleich einem Eyffer-vollen Eliæ, auf den feurigen Waagen der Göttlichen Liebe in den Himmel entzucket worden.“ Der Schluss lässt ein zentrales Motiv der Barockzeit anklingen: Fellerer warnt die Zuhörer, Abt Placidus rufe ihnen aus der Gruft zu: „Hodie mihi, cras tibi ... heunt ists an mir/ Morgen an dir“ – das solle man nie vergessen. Das allerletzte Wort gilt aber noch einmal dem Verstorbenen: „Er soll in Frieden ruhen ewiglich, Amen.“
Im Vergleich mit anderen klösterlichen Leichenpredigten aus dieser Zeit muss Fellerers Text als recht anspruchslos bezeichnet werden. Weder war er besonders sprachgewaltig noch besonders kreativ in der Erfindung von inhaltlichen Wendungen im Sinne einer Entlegenheitsrhetorik, wie sie vor allem in der solennen Barockpredigt üblich und erwünscht war. Ob dies an Fellerers Qualitäten lag oder ob sich hier schon ein Trend zur stilistischen Vereinfachung abzeichnet, wie er für den weiteren Verlauf des Jahrhunderts charakteristisch wurde, kann mangels Vergleichsquellen nicht beurteilt werden. Die Predigt blieb Fellerers einziges gedrucktes Werk.
Quellen:
Fellerer, Jacob: Der auf den feurigen Wagen der Göttlichen Liebe in den Himmel verzuckte ELIAS. Daß ist: Leich- und Lob-Predig des Hochwürdigen ... Herrn PLACIDI [Göschl], Des Hochlöbl. ... Closters Reichenbach ... Weyland würdigisten Abbten..., Sulzbach 1745; im Bibliotheksverbund Bayern nur für die Provinzialbibliothek Amberg in zwei Exemplaren nachgewiesen; Signaturen: Theol. hom. 1074(17 und Theol. gen. 1677(5.
Totenrotel f. Jacob Fellerer; Universitätsbibliothek München: UB M: W 2 H.eccl. 928(2.
Totenrotel f. Abt Placidus Göschl: Provinzialbibliothek Amberg: Ms. 39(3, fol. 202.
Literatur:
Knedlik, Manfred: Die Klosterkultur der Barock- und Aufklärungszeit, in: 900 Jahre Kloster Reichenbach. Das Kloster und sein Dorf, Regensburg 2018, 78–90.
Schrott, Georg: Leichenpredigten für bayerische Prälaten der Barock- und Aufklärungszeit (Materialien zur bayerischen Landesgeschichte 22) München 2012.
Zitzelsberger, Hans: Chronik von Ensdorf, Ensdorf o. J. [1991], 114f.