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„Schulen statt Grangien“? – Zukunftspläne für die klösterliche Realschule in Waldsassen

Absolvia-Foto vom letzten Jahrgang der Höheren Mädchenschule des Klosters Waldsassen im Jahr 1935.
Absolvia-Foto vom letzten Jahrgang der Höheren Mädchenschule des Klosters Waldsassen im Jahr 1935.

Die Schulgeschichte des Klosters Waldsassen beginnt im Mittelalter, muss für diesen Zeitraum aber erst noch erforscht werden. Einzelne Quellenfunde vermitteln außerdem ein rudimentäres Bild des Singknabenseminars, einer Art Kleinstgymnasium, das das wiederbegründete Kloster im 17. und 18. Jahrhundert unterhielt. Mit dem Hausstudium bestand außerdem eine Art Kleinsthochschule am Ort, in der Mönche die philosophische und theologische Befähigung zum Priesteramt erwarben.

Als im Jahr 1864 die dritte Gründung als Frauenkloster erfolgte, geschah dies nicht zuletzt auf Wunsch des Waldsassener Magistrats, eine Mädchenschule einzurichten. 1865 wurde das Erziehungsinstitut für Mädchen eröffnet. „Schulen statt Grangien“ sollten nun das Wirken der Ordensleute prägen. Generationen von Mädchen und Frauen aus Waldsassen und der Umgebung besuchten das „Institut“. Das Bildungsangebot wurde immer weiter ausdifferenziert. Schon 1866 kam eine Lehrerinnenbildungsanstalt hinzu, später beispielsweise eine landwirtschaftliche Winterschule und eine Mittelschule oder „Höhere Mädchenschule“ mit Lyzeallehrplan, am Ort so schlicht wie statusträchtig als „Lyzeum“ bezeichnet. Ein Internat ermöglichte die Aufnahme von Zöglingen aus weiter entfernten Wohnorten. In der NS-Zeit mussten die Schulen nach und nach schließen. 1947 konnte die Mittelschule wieder öffnen. Seit 1965 führt sie die Bezeichnung „Realschule“.

Nun zeichnet sich ein Ende dieser letzten schulischen Einrichtung in klösterlicher Trägerschaft ab. Der Landkreis Tirschenreuth teilt mit, dass es Sondierungsgespräche zu einer Zusammenlegung der Mädchenrealschule mit der Staatlichen Realschule in Waldsassen unter staatlicher Trägerschaft gebe. „Als Grundoption für weitere Überlegungen in diese Richtung hat ... Frau Äbtissin stets angeführt, dass ‚das christliche Profil gerade in unserer sehr plural und sich rasch wandelnden Gesellschaft nicht verloren gehen darf‘“, heißt es in der Mitteilung. Der sensiblen und barrierefreien Integration von areligiösen, muslimischen und andersgläubigen Schülerinnen und Schülern wird man im Rahmen eines solchen Schulprofils besondere Aufmerksamkeit widmen müssen. Dass eine staatliche Schule durchaus „das Erbe des christlich-benediktinischen Abendlandes in eine multiplurale [sic!] Gesellschaft hinein ... bewahren“ kann und dabei trotzdem religiös offen und tolerant bleibt, dürfte sich mit Blick auf andere Schulen in ehemaligen Klosterstätten erhoffen lassen.

 

Lit.:

Hilz, Anneliese: Schulen statt Grangien. Zisterzienserinnenkloster Waldsassen, in: Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg 38 (2004) 77–91.

Schrott, Georg: Der letzte Absolvia-Jahrgang der Höheren Mädchenschule im Kloster Waldsassen, in: Oberpfälzer Heimat 40 (1996) 124–130.

Weber, Camilla: Die Geschichte des Zisterzienserinnenklosters Waldsassen seit der Gründung im Jahr 1864, in: Pfister, Peter (Hg.): Die Zisterzienserinnen in Waldsassen. „Die auf den Herrn vertrauen, schöpfen neue Kraft“, Regensburg 2020, 129–149.

 

Abb.:

Josefine Latzko ()

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