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Japonia: Japandramen am Egerer Jesuitengymnasium

Bei den Vorarbeiten zur bevorstehenden Ausstellung „Japonia“ in der Provinzialbibliothek Amberg war eine Institution noch nicht in den Horizont der Wahrnehmung gelangt: das ehemalige Jesuitenkolleg und sein Gymnasium in Eger, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum Stift Waldsassen.

Ein Beitrag in dem neuen Tagungsband „Japan on the Jesuit Stage“ macht nun erstmals darauf aufmerksam, dass auch in der böhmischen Stadt zwei Japandramen aufgeführt wurden. Das eine mit dem Titel „Nox Orientis“ ist in mehreren Manuskripten in der Bibliothek von Strahov überliefert. Es kam 1658 auf die Bühne, als die Zisterzienser noch nicht in die Obere Pfalz gekommen waren, und handelt von Franz Xaver und seinem Wirken in Japan.

Von dem anderen Stück liegt eine wohl in Eger gedruckte Perioche vor, die (allerdings in schlechter Qualität) auch online gelesen werden kann. Das 1735 aufgeführte Stück trägt den Titel „SALVIFICÆ FIDEI VINCENS NATURAM GRATIA“, im deutschen Untertitel „Uber die Natur obsiegende Gnad des Seelig-machenden Glaubens“. Auch der Rest des Theaterprogramms ist zweisprachig verfasst, sodass Zuschauerinnen und Zuschauer, die kein Latein verstanden, dennoch der Handlungen folgen konnten.

Diese greift einen Stoff auf, der in den Jesuitendramen ausgesprochen gern verwendet wurdeverwendet wurde, und spielt im Fürstentum Bungo während der japanischen Christenverfolgung. Hauptfigur ist Titus, preiswürdig „so wohl von Adelichen Herkommen, als tugendhafften Lebens-Wandel“. Das „ARGUMENTUM“ fasst das Geschehen so zusammen: „An diesen dann, weilen er als ein unbewegliche Felse in dem wahren Glauben stunde, und dem Herrscher von Bungi in Verehrung der Götzen, nicht beypflichten wolte, ließ der Wütterich den letzten Angriff thun, und versuchte Ihn durch grausamen Mord seiner zween geliebten Söhnlein Matthæi und Simonis in der Standhafftigkeit wanckelmüthig zu machen“. Dies ist jedoch eine Finte des Xogunus (in der frühneuzeitlichen Literatur die Bezeichnung für den Shōgun Tokugawa Hidetada). Als deutlich wird, dass Titus bereit ist, seinen Söhnen in den Tod zu folgen, gibt ihm der Herrscher „seine Kinder Schaden-loß zuruck und stellet solchen auf freyen Fuß mit großgünstiger Bewilligung die Christ-Catholische Religion künfftig hin ungekränckt beyzubehalten“.

Es ist kaum vorstellbar, dass nicht auch Waldsassener – Zisterzienser und weltliche Personen – die Aufführung im nur zehn Kilometer entfernten Eger besuchten. Die Jesuitendramen zogen in der Regel ein großes Publikum an und zwischen der Abtei und den Patres der Gesellschaft Jesu bestand naheliegenderweise und nachweislich ein festkultureller Austausch. Bei der 600-Jahr-Feier Waldsassens 1733 hielt beispielsweise P. Franz Xaver Lissy SJ aus Eger eine der Festpredigten.

So könnten auch die Egerer Aufführungen dazu beigetragen haben, Oberpfälzer Bürgern ein Bild des fernen und von der Außenwelt abgeschotteten Landes zu vermitteln – wenn auch ein Bild, das mit der Realität Japans nur sehr wenig zu tun hatte.

 

Lit.:

Bobková-Valentová, Kateřina/Jacková, Magdaléna: Japan and the Japanese in Jesuit School Plays from the Bohemian Province of the Society of Jesus, in: Japan on the Jesuit Stage. Transmissions, Receptions, and Regional Contexts (Hgg. Haruka Oba/Akihiko Watanabe/Florian Schaffenrath) (Jesuit Studies 34) Leiden – Boston 2022, 189–232 (über „Nox Orientis“: 200–202).

Immoos, Thomas: Japanische Helden des europäischen Barocktheaters, in: Maske und Kothurn 27 (1981) 36–56 (u. a. über die jesuitischen Titus-Spiele).

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