2019 veröffentlichte Max Schmitz einen Beitrag zur Bibliotheksgeschichte der sonst wenig beforschten Abtei Weißenohe, verbunden mit einer Edition der beiden Bibliothekskataloge von 1556 und 1600. Neben einer Handschrift mit unsicherer Zuschreibung sind von diesen Büchern nur sieben Inkunabeln mit gesicherter Provenienz erhalten. Sie befinden sich nun in der Bayerischen Staatsbibliothek München und fanden ihren Weg über das Augsburger Franziskanerkloster zum hl. Grab in die Hofbibliothek.
Auch wenn sich heute also kaum Bücher aus dem älteren Bestand identifizieren lassen, sind wir über ihn durch die Kataloge weitaus besser im Bilde als über die im 17. und 18. Jahrhundert neu formierte Bibliothek, deren Umfang bei der Säkularisation Lipp auf ca. 1.000 Bücher geschätzt hat. P. Willibald Schrettinger katalogisierte die Werke 1802, doch ist sein Verzeichnis verschollen.
Nur fünf der Werke (in neun Bänden), die erhalten blieben, werden in der Provinzialbibliothek Amberg aufbewahrt. Es handelt sich um folgende:
Binius, Severin: CONCILIA GENERALIA ET PROVINCIALIA GRÆCA ET LATINA..., Paris 1636; H. conc. 107 (5 Bde.)
Gmeiner, Xaver: INSTITUTIONES JURIS ECCLESIASTICI ... TOMUS I. COMPLECTENS JUS ECCLESIASTICUM PUBLICUM und TOMUS II. COMPLECTENS JUS ECCLESIASTICUM PRIVATUM..., Graz 21784; Jus. can. 402(1.2 (Bindeeinheit).
Marca, Petrus de: DISSERTATIONUM DE CONCORDIA SACERDOTII ET IMPERII, SEV DE LIBERTATIBVS ECCLESIÆ GALLICANÆ LIBRI OCTO..., Frankfurt/M. 1708; Jus. can. 99.
Pausanias: ΠΑΥΣΑΝΙΟΥ ΤΗΣ ΕΛΛΑΔΟΣ ΠΕΡΙΗΓΗΣΙΣ. HOC EST, PAVSANIÆ ACCVRATA GRAECIAE DESCRIPTIO..., Frankfurt/M. 1683; 2 Scr. Gr. et Rom. 103.
Siculus, Diodorus: BIBLIOTHECÆ HISTORICÆ LIBRI XV..., Basel 1559; 2 Scr. Gr. et Rom. 164.
Hier einige Bildeindrücke von Binius' „Concilia“:
Ein weiterer Band Weißenoher Provenienz ist eine Disputation aus Brandenburg, heute im Besitz der Staatsbibliothek Bamberg:
Hinzu kommen zwei Inkunabeln in der Bayerischen Staatsbibliothek München, die das Kloster 1685 erworben hatte:
Anglicus, Bartholomäus: Liber de proprietatibus rerum, Straßburg 1485; 2 Inc.c.a. 1549 e.
[Herbarius, Speyer 1484]; 4 Inc.s.a. 1000.
Dass alle übrigen Weißenoher Bücher nicht gänzlich verloren sein dürften, belegt der zufällige Fund eines Antiquariatsangebots. Eberhard Köstler Autographen & Bücher in Tutzing stellte vor etlichen Jahren folgendes Werk aus Weißenoher Provenienz in seinen Online-Shop ein:
Sandaeus, Maximilian: THEOLOGIA IVRIDICA..., Mainz 1629.
In der Objektbeschreibung war allerdings als Erscheinungsjahr 1630 angegeben. Laut einem weiteren Besitzeintrag gehörte der Band später der Jesuitengemeinschaft in Gorheim/Sigmaringen, die 1852 bis 1872 bestand. Der Link, dokumentiert am 27.2.2005, ist mittlerweile erloschen.
Immer wieder stellt man fest, dass Kauf- und Besitzvermerke auch buch- und klostergeschichtliche Mikroquellen darstellen. So erfährt man, dass de Marcas „Dissertationes“ 1779 von einem P. Gregor für 4 fl. angeschafft wurden. 1770 erwarb Abt Maurus Hermann für 250 fl. Binius' „Concilia“. In der Pausanias-Ausgabe wurde ein Besitzeintrag am oberen Ende der Titelseite ausgeschnitten, vermutlich ehe der Band in den Antiquariatshandel kam und für Weißenohe erworben werden konnte.
Lit.:
Lipp, Walter/Gieß, Harald: Die Staatliche Bibliothek (Provinzialbibliothek) Amberg und ihr Erbe aus den oberpfälzischen Klosterbibliotheken, Amberg 1991, pass.
Malzer, Christian/Kaindl, Annemarie: Was bey den drobigen Stifften vnd Clöstern noch vor Bibliothecen vorhanden. Die Klosterbibliotheken der Oberen Pfalz im Spiegel der Kataloge von 1600/01 und die Errichtung der Bibliotheca Palatina Ambergensis, in: Jahrbuch für Buch- und Bibliotheksgeschichte 1 (2016) 93–124.
Naser, Markus: Weißenohe, in: Die Männer- und Frauenklöster der Benediktiner in Bayern 3 (Hgg. Michael Kaufmann u. a.) (Germania Benedictina II/3) St. Ottilien 2014, 2481–2497.
Schmitz, Max: Zur Bibliothek der Benediktinerabtei Weißenohe, in: Scriptorium 73 (2019) 65–99.