Bei der Katalogisierung der historischen Pfarrbibliothek von Waldsassen fand sich die Kleinschrift von Cassiodor Zenger, die den Titel „Bericht von dem seligen Loybrigus, welcher zu Schwandorf gestorben ist“trägt. Sie erschien 1826 bei Seidel in Sulzbach. Im Gateway Bayern ist sie nur für wenige weitere Bibliotheksstandorte nachgewiesen.
Der selige Loybrigus soll im 11. Jahrhundert gelebt haben. Er findet eine (aus Mangel an Informationen äußerst knappe) Darstellung bei Matthäus Rader, der hierfür auf die Erwähnung eines „diuus Leobrigus“ („heiliger Leobrig“) in Aventins „Annalen“ zurückgegriffen hatte.
Wer war Cassiodor Zenger?
Zenger, mit Taufnamen Franz Josef, wurde 1755 in Schwandorf geboren. Seine Taufnamen waren Franz Josef. Er ging bei den Amberger Jesuiten in die Schule und trat 1770 bei den Kapuzinern ein. Die Ordensleitung setzte ihn unter anderem in Burglengenfeld und Schwandorf ein. Nach der Klosteraufhebung 1802 wirkte er als Pfarrseelsorger und Lehrer an verschiedenen Orten. Er starb 1830 in Amberg.
Zusammen mit seinem Bruder Kasimir (Johann) Zenger, bis 1802 Benediktiner in Weißenohe, danach Priester auf dem Schwandorfer Kreuzberg, stiftete er dort das „Zenger'sche Kuratbenefizium“. 1889 sollte aus dieser Seelsorgestelle das Karmelitenkloster entstehen. Dort befindet sich heute auch der Buchnachlass der Brüder.
Cassiodor Zenger war ein produktiver Autor, allerdings erst nach seiner kapuzinischen Zeit. Hauptsächlich veröffentlichte er Homiliensammlungen. Seine Publikation über Loybrigus und sein Einsatz für dessen Gedächtnis ist Zeichen seiner Verbundenheit mit seiner Heimatstadt.
Die „Lüge von Loybrig“
Zengers Ausführungen über den Schwandorfer Seligen stießen nicht auf einhellige Zustimmung. In seiner „Chronik von Schwandorf“ reagierte der Amberger Lyzealprofessor Johann Georg Hubmann (1804–67) im Jahr 1865 mit einer saftigen Polemik:
„Hier soll gleich noch ein anderes Mährchen besprochen werden, nämlich die Sage vom seligen oder gar heiligen Loybrigus, welcher zu Schwandorf als Einsiedler gelebt haben und auf der langen Meile daselbst begraben sein soll. [...] Zu den erdichteten Namen gehört der ‚selige Leobrigus‘, aus welchem der Jesuit Rader († 1634) in seinem Lügenbuche, heiliges Bayerland betitelt, einen heiligen Loybrigus gemacht hat. [...] Vor Aventin weiß kein Mensch, keine Urkunde, kein historisches Dokument, ja nicht einmal die Legende etwas von einem Leobrig. [...] Obschon die Lüge von Loybrig in neuerer Zeit wieder aufgewärmt wurde, so hat doch in Schwandorf selbst nie ein Vernünftiger dieselbe im Ernste geglaubt.“
Der Hieb der „aufgewärmten Lüge“ galt natürlich Zenger. Inhaltlich ist Hubmann wohl zuzustimmen. Die Gegenreformation wie die Katholische Restauration des 19. Jahrhunderts waren von einem starken, wenig kritischen Bedürfnis geprägt, regionale Heilige und Selige aufzuspüren, um das Land zu einer „Terra Sancta“ aufzuwerten. In der Barockzeit war dies nicht allein das Bemühen Raders. Die Ingolstädter Jesuiten brachten Loybrigus 1712 in dem Stück „PEREGRINUS IN PATRIA Sive S. HENRICUS Babonis“ als Figur auf die Bühne.
Die Schwandorfer Loybrigius-Säule
Das Gedenken an Loybrigus hat sich in Schwandorf gehalten, wohl weniger wegen Zengers Schrift als wegen seiner Initiative, für Loybrigus eine Sandstein-Stele zu errichten. Sie stand lange Zeit an der Stelle, wo der Selige angeblich gestorben war. Heute ist sie um 140 Meter versetzt. Sie hat es sogar zu einem Wikipedia-Eintrag gebracht. Auch die Homepage des Schwandorfer Ortsvereins des Oberpfälzer Waldvereins würdigt den Gedenkort mit einer eigenen Seite.
Biogramme Zengers:
Lauchert, Jakob: Zenger, Cassiodor Franz Joseph, in: Allgemeine Deutsche Biographie 45 (1900) 54f.
f.
Zengers Schrift über Loybrigus:
Zenger, Cassiodor Franz Joseph: Bericht von dem seligen Loybrigus, welcher zu Schwandorf gestorben ist [...], Sulzbach 1826.
Weitere Literatur:
Aventinus, Johannes: ANNALIUM BOIORVM LIBRI SEPTEM, Ingolstadt – Weißenhorn 1554, 829.
Rader, Mathäus: BAVARIÆ SANCTÆ VOLUMEN ALTERUM..., München 1624, 205.
Hubmann, G[eorg]: Chronik der Oberpfalz. I. Bd. Chronik von Schwandorf, Amberg 1865, 3.
Abbildungen:
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