Klosterlandschaften sind derzeit ein regelrechtes Modethema der historischen Ordensforschung. In der Oberpfalz kann hier besonders auf die Beteiligung Waldsassens an dem Projekt „cisterscapes“ verwiesen werden, das vor allem auch auf den Erhalt des Europäischen Kulturerbe-Siegels abzielt. Der Begriff „Klosterlandschaft“ wird allerdings in zwei unterschiedlichen Bedeutungen verwendet – als Bezeichnung für die durch ein einzelnes Kloster geprägte Landschaft, aber auch für ein Gebiet, das durch das Vorhandensein und Wirken mehrerer Klöster geprägt ist.
In diesem Sinne gab der Oberpfälzer Bezirksheimatpfleger Tobias Appl zusammen mit Manfred Knedlik 2016 den Band „Oberpfälzer Klosterlandschaft“ (also im Singular) heraus. Über das Thema referierte er auch 2021 in der Katholischen Akademie in Bayern im Rahmen der Vortragsreihe „Bayerische Klosterlandschaften“. Es sprachen außerdem die Landeshistoriker Wolfgang Wüst über „Geistliche Landschaften“ und Britta Kägler über „Barocke Klosterlandschaften im Bau“. Die Beiträge wurden anschließend in der Zeitschrift „zur debatte“ veröffentlicht. Appl fasst in seinem Referat Haupterkenntnisse seines Klosterlandschaften-Bandes zusammen. Er gibt einen Überblick über die oberpfälzische Klostergeschichte und stellt anschließend Reflexionen über die „Besonderheiten der Oberpfälzer Klosterlandschaft“ (S. 145f.) und über die Frage an, ob man „von einer ‚Oberpfälzer Klosterlandschaft‘ sprechen“ kann (S. 146).
Die Regensburger Bistumsarchivarin Camilla Weber hat schon in der Nordgautag-Festschrift 2018 das Einzelbeispiel der Wiesauer Ehaftordnung vorgestellt. Diese gehört in einen größeren historischen Zusammenhang. Um zähe Konflikte zwischen dem Stift und Waldsassen und seinen Untertanen beizulegen, setzte der Hofrat in München 1785 eine Spezialdeputation ein. Im Zuge ihrer Arbeit wurden die den Untertanen vorgetragenen Ehaftordnungen protokolliert. Nur durch eine Verkettung günstiger Zufälle blieben die Protokolle erhalten. Ihre Inhalte sind in Sagstetters Aufsatz „Zum Zwecke guter Ordnung, erbaulicher Sitten und wohlgefälliger Harmonie...“ in der „Archivalischen Zeitschrift“ ausführlich dargestellt und liefern interessante Einblicke in die Sozial-, Wirtschafts- und Alltagsgeschichte der klösterlichen Untertanen.
Schon früher, aber an „entlegener“ Stelle wurde ein Aufsatz Hans Schüllers über die waldsassische Wallfahrtskirche Kappl veröffentlicht. 2012 fand an der Universität Regensburg ein Symposium zum Thema „Verschiedene Rationalitäten im Diskurs von Wissenschaft und Gesellschaft? Am Beispiel der Atomenergie-Beschlüsse“ statt. Die transdisziplinäre Tagung umfasste anders, als es der Titel erwarten lässt, ein breites Themenspektrum, war sie doch von der Germanistischen Linguistik und der Theoretischen Physik organisiert. Einbezogen waren auch Beiträge aus der Kunstgeschichte, unter anderem ein kurzes Referat von Hans Schüller über die Kappl. Das Weltbild der Frühen Neuzeit sei von geometrisch begründeten und darstellbaren Harmonien geprägt, die auf Gott zurückgehen und auf ihn verweisen. Dies lässt sich besonders deutlich an der Kappl mit ihrem trinitarischen Dreipass-Grundriss demonstrieren.
Literaturangaben:
Appl, Tobias: Die Klosterlandschaft der Oberen Pfalz. Zwischen Gründungen, Aufhebungen und Neugründungen, in: zur debatte 2 (2022) H. 2, 140–146.
Sagstetter, Maria Rita: Zum Zwecke guter Ordnung, erbaulicher Sitten und wohlgefälliger Harmonie. Ehaftordnungen des Stiftlands Waldsassen aus dem 18. Jahrhundert, in: Festschrift für Margit Ksoll-Marcon (= Archivalische Zeitschrift 99) 2. Teilband, Wien – Köln 2022, 895–925.
Schüller, Hans: Rationalität von Entscheidungen und Lösungen am Beispiel der barocken Wallfahrtskirche Kappel bei Waldsassen, in: Thim-Mabrey, Christiane/Brack, Matthias (Hgg.): Verschiedene Rationalitäten im Diskurs von Wissenschaft und Gesellschaft? Am Beispiel der Atomenergie-Beschlüsse. V. Regensburger Symposium vom 21. bis 23. März 2012. Wissen – Nichtwissen – Grenzen des Wissens in den Wissenschaften. VI. Regensburger Symposium vom 20. bis 22. März 2013, Regensburg 22020, 131–138.
Weiterführende Literatur:
Appl, Tobias/Knedlik, Manfred (Hgg.): Oberpfälzer Klosterlandschaft. Die Klöster, Stifte und Kollegien der Oberen Pfalz (Beiträge zur Geschichte und Kultur der Oberpfalz 2) Regensburg 2016.
Kägler, Britta: Barocke Klosterlandschaften im Bau. Kloster- und Kirchenbaustellen des 17./18. Jahrhunderts, in: zur debatte 2 (2022) H. 2, 56–61.
Sagstetter, Maria Rita: Zur Erhaltung guter Ordnung und erbaulicher Sitten – Die Ehaftordnung des Gerichts Wiesau von 1783, in: Stiftland – Steinwald: Beiträge zur regionalen Kulturgeschichte. Festschrift Das Kulturfest der Oberpfälzer – 42. Bayerischer Nordgautag 4. bis 8. Juli 2018 in Wiesau im Landkreis Tirschenreuth. Stiftland – Steinwald genießen – erleben, Regensburg 2018, 64–75.
Schüller, Hans: Die barocke Wallfahrtskirche Kappel bei Waldsassen. Studien zur Architektur und Geschichte eines Trinitätssymbols, in: Wallfahrtskirche Kappel in der Pfarrei Münchenreuth (Hgg. Paul Mai / Karl Hausberger) (Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg. Beiband 20) Regensburg 2011, 57–218.
Ders.: Die Kappel bei Waldsassen und Sant’ Ivo alla Sapientia in Rom. Aspekte zu Planung und Gestaltung symbolischer Sakralbauten im 17. Jahrhundert, in: Melters, Monika/Wahner, Christoph (Hgg.): Die Quadratur des Raumes. Bildmedien der Architektur in Neuzeit und Moderne (Zoom. Perspektiven der Moderne 3) Berlin 2017, 95–111.
Wüst, Wolfgang: Geistliche Landschaften. Klöster und Stifte in Bayern, Franken und Schwaben als Raum- und Kulturbildner, in: zur debatte 2 (2022) H. 2, 50–55.