Von 1621 bis zur Ordensaufhebung 1773 (und noch etwas darüber hinaus), also mehr als 152 Jahre, wirkten die Jesuiten in Amberg. In ihrem Kolleg bildeten sie mehrere Tausend junge Oberpfälzer zu Priestern und Beamten heran, betrieben die Pfarrseelsorge in St. Georg und initiierten die bedeutende Wallfahrt auf den Mariahilfberg.
Von 1781 bis 1808, also etwa 27 Jahre, diente das ehemalige Jesuitenkolleg als Komturei der Englisch-Bayerischen Zunge des Malteserordens. Der Komtur fungierte als Pfarrherr von St. Georg. Gelegentlich hielt er sich in Amberg auf.
Eigenartigerweise hat sich diese vergleichsweise kurze historische Episode wesentlich stärker ins kulturelle Gedächtnis der Amberger Stadttopografie eingeprägt als anderthalb Jahrhunderte jesuitischen Wirkens. Am Malteserplatz steht (nach heutigem Sprachgebrauch) nicht das Jesuitenkolleg, sondern das „Maltesergebäude“ – früher gab es hier auch die Malteserbrauerei und die Malteser-Gaststätte. östlich schließt sich der „Maltesergarten“ an. Westlich der Altstadt findet man auch noch die „Malteserleite“. Nur ein entlegenes Gässchen an der nordwestlichen Stadtmauer heißt bis heute „Jesuitenfahrt“.
Geradezu dreist betrieb die 1993 geschlossene Malteser-Brauerei ihre Selbstdarstellung. Auf manchen ihrer Werbeschilder war zu lesen: „Seit 1693 Malteser Amberg“. Man hatte stillschweigend die Vorläufer-Einrichtung gekapert, nämlich die Jesuitenbrauerei, die mit dem Kolleg an den Ritterorden übergegangen war. Anciennität war eben auch im 20. Jahrhundert noch ein Zugpferd des Bier-Marketings.
Anti-Jesuitismus, Adels-Faszination à la Yellow Press oder Bierseligkeit? Hoffentlich ist nichts davon die Erklärung für diese schiefe Selbstdarstellung der Amberger Eigengeschichte. Hoffen darf man, dass die diesjährigen Gedenkveranstaltungen zur Aufhebung der Gesellschaft Jesu vor 300 Jahren die Gewichtungen ein wenig zurechtrücken werden.
Die Provinzialbibliothek Amberg zeigt vom 15. Mai bis 14. Juli im Barocksaal die Ausstellung „Das Gedächtnis der Amberger Jesuiten. Handschriften und Drucke aus ihrer Bibliothek“. Anlass ist nicht nur die Aufhebung der Gesellschaft Jesu vor 300 Jahren, sondern auch die Wiederbegründung der Pfarrei St. Georg im Jahr 1923.