Wer mit der Geschichte des Klosters Weißenohe oder mit der Biographie von Willibald Martin Schrettinger (1772–1851) etwas vertraut ist, weiß von diesem Ereignis: Eine Gruppe von Mönchen, angeführt von Schrettinger, wandte sich 1802 an den Kurfürsten und bat um die Aufhebung der Abtei.
Zu den Unterzeichnern des Gesuchs gehörte auch P. Johann Nepomuk Lingl (1758–1816), eine halbe Generation älter als Schrettinger, aber in Interessen und Haltung ähnlich orientiert wie dieser.
Das wird aus einem weiteren Gesuch deutlich, mit dem sich Lingl am 19. März 1802 direkt an Kurfürst Maximilian IV. Joseph wandte. Im Interesse seines Wirkens als Pfarrer, Schulinspektor und geistlicher Autor wolle er von seinen Mönchspflichten, zumindest aber vom Chorgebet befreit werden, um sich ganz seinen übrigen Aufgaben widmen zu können.
Die Art, wie Lingl dabei über seinen Abt und über die monastische Lebensweise spricht, lässt erkennen, dass bei ihm bereits der „innere Ordensaustritt“ stattgefunden hatte. Der Prälat, Abt Maurus Hermann (reg. 1758–1802), sei ein „altmönchische[r]“, „in der verworrenen Mönchsaszese erzogene[r], und ergraute[r]“ Mann, geprägt von „Mönchsbigotism, und [...] Eigensinn“. Die monastischen Gebräuche bezeichnet er als „Mönchständeleien“, an anderer Stelle spricht er von „so distrahirenden Mönchsfaseleien“, die seinen eigentlichen Aufgaben im Wege stünden.
Die siebenseitige Schrift wirft nicht nur ein interessantes Licht auf die Person Lingls, sondern ergänzt die Schilderungen der Weißenoher Zustände in Schrettingers Tagebuch um einen weiteren Blickwinkel. Sie ist aber auch eine aufschlussreiche Quelle über die Weißenoher Pfarr- und Schulgeschichte.
Eine pdf-Datei mit der Transkription des Gesuchs befindet sich hier:
Die Datei ist auch auf der Unterseite „Textquellen“ eingestellt.
Ein Beitrag über Johann Nepomuk Lingl wird demnächst in den „Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige“ erscheinen.