Alljährlich im Herbst fällt für Ordens- und Klosterhistoriker eine mehr oder weniger reiche Ernte an neuen Publikationen an, nicht nur auf dem Buchmarkt, der auf das Weihnachtsgeschäft spekuliert, sondern auch im Bereich der Fachzeitschriften. Auch zur Ordens- und Klostergeschichte der Oberpfalz gibt es einiges zu vermelden.
„Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens“
Die diesjährigen „Studien und Mitteilungen“ enthalten einen Beitrag über das Prioratstagebuch von St. Emmeram in Regensburg, geschrieben von P. Roman Zirngibl. Es trägt den Titel „ACTA ET FACTA Quae in Prioratu O. S. BENEDICTI Ad S. EMMERAMUM [...] ADNOTARI MERUERUNT“ und hat sich im Archiv der Benediktinerabtei Metten erhalten. Die Aufzeichnungen erstrecken sich von den Jahren 1768 bis 1797 und hat den Charakter eines Konventtagebuchs. Alle drei Bände wurden digitalisiert und stehen im Portal bavarikon online zur Verfügung. Bernhard Lübbers hat sich darin einen ersten Überblick verschafft und diesen 2022 bei den Landshuter Literaturtagen vorgetragen. Die Quelle liefert beispielsweise Informationen und Erkenntnisse über Ordensangelegenheiten, die Stiftsbibliothek, Vorgänge in der Stadt Regensburg oder das Wetter.
Lit.:
Lübbers, Bernhard: Von Kaisern und Kometen, Vorrangstreitigkeiten und Vulkanen. Anmerkungen zur Geschichte einer Mönchsgemeinschaft im Spiegel des Prioratstagebuches von P. Roman Zirngibl (1740–1816) von St. Emmeram/Regensburg, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 134 (2023) 505–532.
„Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg“
Die diesjährigen „Verhandlungen“ enthalten gleich fünf Beiträge mit ordensgeschichtlichen Inhalten.
Pia Weiland hat den sogenannten „Heinrichsstuhl“ in der Wolfgangskrypta von St. Emmeram analysiert. Sie datiert ihn auf das 11. bis 13. Jahrhundert und macht eine Entstehung unter und für Abt Reginwald (reg. 1048 – ca. 1060) wahrscheinlich.
Georg Schrott stellt anlässlich des dreihundertjährigen Gedenkens an die Aufhebung der Gesellschaft Jesu Geschichte und Bestand der ehemaligen Amberger Jesuitenbibliothek vor.
Wolfgang Wüst hat den „Abtruckh Der Zwischen gemainer Löbl. Geistlichkeit vnd des H. Reichs Freyen Statt Regenspurg in Anno 1654. auffgerichten [...] Haupt: vnd Neben-Recessen“ im Hinblick auf Feuerpolizei, Biervertrieb und Gesundheitsschutz ausgewertet. Im Interesse eines gedeihlichen Zusammenlebens bedurfte es genauer Regelungen zwischen der evangelischen Stadt und den katholischen Immunitäten.
Alois Schmid hat anlässlich des jesuitischen Gedenkjahres eine Biographie von P. Daniel Stadler SJ (1705–64) verfasst, einem gebürtigen Amberger, der es zum Prinzenerzieher und Beichtvater am Münchener Kurfürstenhof brachte.
Eine Untersuchung Christian Malzers widmet sich P. Valentin Wihrl (1754–1810), einem Waldsassener Zisterzienser, der als Professor im Hausstudium zwei Disputationsdrucke veröffentlichte. Archivalien verweisen auf eine weitere kanonistische Disputation, die aus formalen Gründen nicht das Bücherzensurkollegium passierte. Ihr Manuskript ist verschollen.
Lit.:
Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 163 (2023)
Darin:
Weiland, Pia Veronika: Der Steinerne Thron in der Wolfgangskrypta von Regensburg, 21–33.
Schrott, Georg: Die Bibliothek der Jesuiten in Amberg und ihre Geschichte, 203–224.
Wüst, Wolfgang: Die Kunst in Regensburg gut zu regieren. Kloster- und Stift-Policey im Spiegel des Haupt und Nebenrezesses von 1654, 225–242.
Schmid, Alois: Aus Amberg auf die Bühne der großen Politik. Der Jesuitenpater Daniel Stadler (1705–1764), 285–301.
Malzer, Christian: Das literarische Wirken des Zisterzienserpaters Valentin Wihrl (1754–1810) – Ein Beitrag zu Publikationsvorhaben rund um das Waldsassener Hausstudium und zum Zensurwesen im späten 18. Jahrhundert, 303–324.
„Oberpfälzer Heimat“
Eine Biographie über Maurus von Schenkl (1749–1816) auf neuerem Stand fehlt bisher. Im BBKL ist ein Eintrag zumindest angekündigt. Einstweilen kann man nun auf einen Artikel in der „Oberpfälzer Heimat“ zurückgreifen. Er geht über Scheglmanns Biogramm inhaltlich nicht allzu weit hinaus, bietet aber jedenfalls einen Überblick über alle wichtigen Stationen im Lebenslauf des Prüfeninger Theologen, der als Professor in Amberg und als Autor dogmatischer, kanonistischer, moral- und pastoraltheologischer Schriften eine breite Wirkung entfaltete.
Lit.:
Forster, Edgar: P. Maurus von Schenkl aus Auerbach. Berühmter Theologe in einer Zeit des Umbruchs, in: Oberpfälzer Heimat 68 (2024) 167–184.
„Heimat Landkreis Tirschenreuth“
In dieser Reihe ist heuer der 35. Band erschienen, der mit einer ungewöhnlichen Breite an ordensgeschichtlich relevanten Beiträgen aufwartet.
Thomas Freller befasst sich mit einem Orden, dessen Wirken man im Waldsassener Stiftland erst einmal nicht erwarten würde, nämlich mit den Maltesern. Diese hatten im Zuge der Rekatholisierung Böhmens 1627 die ehemalige Deutschordenskommende in Eger übernommen. Damit waren sie (wie zuvor die Deutschherren) auch in der Frais begütert, in der die Gerichtsbarkeit jährlich zwischen Waldsassen und Eger wechselte, und übten das Patronatsrecht über Neualbenreuth aus. 1692 verkauften die Ordensritter ihre Egerer Niederlassung an die Jesuiten.
Ein Aufsatz über die Wüstung Siebenlind im Steinwald erinnert daran, dass das Kloster Weißenohe im ersten Jahrhundert seines Bestehens in Erbendorf und Umgebung begütert war.
Christian Malzer stellt P. Thaddäus Kraus vor, einen Tirschenreuther Apothekersohn und Mönch der Zisterzienserabtei Langheim. Als Professor im Hausstudium seines Klosters gab er zwei Disputationsdrucke heraus, stand im Briefwechsel mit katholischen Aufklärern, arbeitete an der Banzer Zeitschrift „Litteratur des katholischen Deutschlands“ mit und legte eine Sammlung von Holzmustern an.
Selbst in einem familiengeschichtlichen Beitrag über „Die Seger, Wirtsleute in Leugas“ (bei Wiesau) kommt Klostergeschichtliches ins Spiel, genauer die Waldsassener Wirtschafts- und Personengeschichte am Ende des 19. Jahrhunderts. Michael Lorenz, Beichtvater des Zisterzienserinnenklosters, hatte Probleme mit der Zahlungsmoral des Leugaser Wirts nach erfolgten Bierlieferungen. Seiner Misswirtschaft wegen wurde Lorenz durch einen Administrator entmachtet, der den Gasthof in Leugas zeitweise in den Besitz des Klosters brachte, ehe er ihn an seinen Bruder weiterverkaufte.
Eine Miszelle von Georg Schrott hat die Zucht von Weinbergschnecken in der frühneuzeitlichen Abtei Waldsassen zum Thema. Im Klostergarten gab es für die Versorgung des Refektoriums einen Schneckenberg. Anleitungen zur Zucht der Tiere konnten verschiedenen Ausgaben der Hausväter-Literatur in der Klosterbibliothek entnommen werden.
Lit.:
Malteser, Flucht und Armesberg (Heimat Landkreis Tirschenreuth 35) Speinshart 2023.
Darin:
Freller, Thomas: Der Malteserorden im Stiftland. Ein vergessenes Kapitel der Kirchengeschichte des böhmisch-oberpfälzischen Grenzlands, 51–68.
Schraml, Erich: Siebenlind. Eine vergessene Siedlung im südlichen Steinwald, 81–91.
Malzer, Christian: Mönch, Gelehrter, Sammler – Das Wirken von Pater Thaddäus Kraus (1742–1791) als Zisterzienser im Kloster Langheim, 92–113.
Scharnagl, Markus: Die Seger, Wirtsleute in Leugas von 1829–1897, 134–144.
Schrott, Georg: Der Waldsassener Schneckenberg. Ein Beitrag zur klösterlichen Tierwirtschaft und Esskultur, 145–150.
„Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung“
Freller hat seine Forschungen zu den Egerer Maltesern auch noch in einem anderen Organ publiziert: in der diesjährigen „Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung“. Der Vergleich mit der Version in der „Heimat Landkreis Tirschenreuth“ zeigt, dass es sich bei Letzterer um den gekürzten, ansonsten aber fast wortgleichen Text handelt.
Lit.:
Freller, Thomas: Der Malteserorden im Dekanat Eger – ein Beitrag zur Politik der Gegenreformation in Böhmen, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 72 (2023) 27–57.